– Ein erhabenes Königreich –

Yaa Gyasi

“Ich wusste, dass dieselben Eigenschaften, die Menschen großartig machen — unser Leichtsinn, unsere Kreativität und Neugier —, das Leben von allem um uns herum erschweren. Weil wir das Tier sind, das genügend Mut hatte, um mit Schiffen zur See zu fahren; auch als wir glaubten, die Erde wäre flach und unsere Schiffe würden vom Rand fallen, entdeckten wir neue Länder, andere Völker, Rundheit. Der Preis für diese Entdeckungen war die Zerstörung der neuen Länder, der anderen Völker. Ohne uns würden sich die Ozeane nicht in Säure verwandeln, Frösche, Fledermäuse, Bienen und Riffe wären nicht vom Aussterben bedroht. Ohne mich würde die hinkende Maus nicht hinken; sie wäre niemals süchtig geworden. Ich wuchs auf in dem Glauben, dass Gott uns die Herrschaft über die Tiere gegeben hat, ohne dass mir je gesagt wurde, dass ich selbst ein Tier bin.”

In “Ein erhabenes Königreich” befasst sich Autorin Yaa Gyasi mit Wissenschaft und Glaube.

Gifty, eine Neurowissenschaftlerin, die an Hand von Mäusen Suchtverhalten analysiert, beschäftigen Fakten und Religion schon immer.

Ihre Eltern wanderten aus Ghana in die Staaten nach Alabama aus. Nachdem der Vater bald frustriert zurückreist, bleibt die religiöse Mutter mit Gifty und ihrem älteren Bruder Nana in der neuen Heimat und arbeitet als Krankenpflegerin bei Weißen.

Als guter Sportler erreicht Nana einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Stadt. Auch wenn Rassismus für die Familie immer wieder ein Thema ist, schaffen sie es so etwas wie ein klein wenig Normalität für sich zu beanspruchen. Dies ändert sich nach einer Sportverletzung Nanas. Nicht der Unfall setzt ihn außer Gefecht, sondern die anschließende Drogensucht, da er starke Schmerzmittel bekommt und süchtig wird.

Die Autorin arbeitet mit Rückblenden in Giftys Kindheit und erzählt die Familientragödie an Hand Erinnerungsfragmenten und Tagebucheinträgen. In der Gegenwart erleben wir die schwierigen Verhältnisse um Giftys Mutter, die nach dem Abschied vom Ehemann und dem Schicksal des Sohnes unter schweren Depressionen leidet. Die Auseinandersetzung der Protagonistin mit Wissenschaft und Religion war wirklich gut herausgearbeitet

Das Buch ist so anders als “Heimkehren”. Auch wenn es nicht ganz an den Vorgängerroman herankommt, hat mich diese Geschichte gepackt.

– Foutah Djallon –

Mamadou Oury Balde, Carla & Eva Behringer

Kleiner westafrikanischer Start in den Tag.

Vor zwei Tagen kam dieses tolle Kochbuch mit der Post.Foutah Djallon von Mamadou Oury Balde, Carla Behringer und Eva Behringer – Ein faszinierendes, inspirierendes Buch voller authentischer Rezepte.

Zu Anfang gibt es ein Zutatenverzeichnis in denen die typischen Lebensmittel Afrikas erklärt werden.In über 70 Rezepten ist mit Sicherheit für jeden etwas dabei.

Ob Traditionelle Gerichte, Streetfood, Suppen oder Süßes – hier kommen Vegetarier, Veganer und Flexitarier auf ihre Kosten. Beim Blättern fiel mir eines ganz deutlich auf: Es braucht nicht viele Zutaten um etwas Leckeres zu zaubern.

Ich habe bereits zwei Afro-Läden in meiner Gegend ergoogelt, um an die benötigten Lebensmittel zu kommen.Aber als ersten Versuch konnte ich mir einen der leckeren Smoothies aus dem Buch zaubern. 🤩 Mega lecker!Interessante Geschichten und atmosphärische Bilder geben nochmal das extra feeling und machen große Lust auf eine kulinarische Reise durch Ghana, Liberia oder Nigeria.Für Essen mit dem gewissen Etwas.

– Rosa Parks / Little People, BIG DREAMS –

Lisbeth Kaiser

Kürzlich habe ich ein neues Buch aus der Reihe “little people, BIG DREAMS” aus dem Insel Verlag für die Kinder mitgebracht…ja okaaay, auch für mich.

Die Girls sind begeistert von diesen Büchern und haben selbstverständlich verlangt, dass ich ihnen augenblicklich daraus vorlesen soll.

In diesem Band ging es um die Afroamerikanerin Rosa Parks. Diese hat sich 1955 geweigert ihren Sitzplatz im Bus für einen Weißen freizumachen und wurde deswegen verhaftet. Daraufhin folgte ein großer Busboykott, welcher letztendlich die schwarze Bürgerrechtsbewegung ins Leben gerufen hat. Dies führte zum Ende der Jim-Crow-Gesetze. (Gesetze um die Schwarze Bevölkerung Amerikas trotz aller politischen Errungenschaften ihrer Rechte zu berauben.)

Seitdem ich mich intensiv mit Alltagsrassismus auseinandersetze, mein Privilegien wahrnehme und mich aktiv gegen den strukturellen Rassismus in unserer Gesellschaft einsetze, gab es viele Momente, in denen mir viel Hass und Gegenwind entgegen geschleudert wurde.

Umso glücklicher und stolzer hat es mich gemacht, als meine Mädchen sich fürchterlich aufgeregt haben, warum Rosa nicht mit dem gleichen Bus wie die weißen Kinder zur Schule fahren durfte. “Aber das ist doch nicht richtig, Mama! Sie darf doch auch mit dem Bus fahren!”

Ein wunderbarer Moment für mich zu sehen, dass Aufklärung und Auseinandersetzung mit diesen Themen etwas bewirken.

Aus diesem Grund feiere ich die Bücher aus dieser Serie so sehr.

Für Groß und Klein ein mega Gewinn! 

– Niemehrzeit –

Christian Dittloff

“Ein Herz kann brechen, aber es schlägt trotzdem weiter.” 

An diesen Satz aus einem Film musste ich immer wieder denken, als ich das neue Buch “Niemehrzeit” von @christian_dittloff gelesen habe.

Es ist ein berührendes Buch über einen Abschied, dem man immer besorgt entgegen sieht – der Tod der Eltern.

Christian Dittloff verlor erst seinen Vater und kurze Zeit später auch die Mutter. Es beginnt eine Zeit der Trauer, der Fassungslosigkeit und des Zurückfinden in das eigene Leben. Während privat soviel über ihm einstürzt, schreibt er an seinem Debütroman, dessen Abgabe naht. Seine Partnerin C. und die Literatur sind sein Anker.

Ein sensibles und ehrliches Buch über Verlust und Tod. Leicht zu lesen obwohl der Inhalt schwer wiegt. Ich fühlte mich dem Autor nahe, während ich Seite für Seite Anteil am Schmerz und an seinen Gedanken nahm.

Emotional, warm und tröstend.

– Das Gewicht der Worte –

Pascal Mercier

Nach einer folgenschweren Fehldiagnose, beginnt Simon Curtis Leyland sein Leben zu überdenken. Geboren als Sohn eines Briten und einer Deutschen faszinieren ihn früh Worte und Sprache. Und so ist es kaum verwunderlich, dass er bereits in jungen Jahren eine Menge davon erlernt. Seine Besessenheit von Worten führt ihn zu einer Karriere als Übersetzer. Als Witwer einer Verlagsinhaberin in Triest, erbt er diesen und arbeitet an ihrer statt im Unternehmen weiter.

Als bei ihm irrtümlich ein todbringender Gehirntumor diagnostiziert wird, legt er seine Arbeit nieder und verlässt Triest um nach London zurückzukehren. Dort will er in dem ebenfalls geerbten Haus seines Onkels auf das Ende warten. Nach einer längeren Zeit des Wartens beschließt er sein Leben neu zu gestalten und einen eigenen Roman zu schreiben. Hierzu verwendet er unter anderem die Briefe an seine verstorbene Frau.

Ich bin etwas gespalten was dieses Buch betrifft. Einerseits gefiel mir diese typische Pascal Mercier Affinität was Bücher, Worte und Philosophie angeht. Doch ich muss ehrlich gestehen, dass ich diesem Roman nichts Neues abgewinnen konnte. Es fühlte sich nicht neu und frisch an. Dinge, die ich schon in “Nachtzug nach Lissabon” sehr schätzte, haben mich hier ein wenig gelangweilt. Nichtsdestotrotz ist es eine Ansammlung leiser und behutsamer Töne, fernab jeglicher Hektik. Kürzlich hat sich eine deutsche Übersetzerin ein großes Anliegen von der Seele gepostet.

@koegeboehnsche schrieb in ihrer Story über die Sichtbarkeit der Übersetzer*innen, die meistens ungenannt bleiben und deren Schaffen den Autor*innen zugeschrieben wird. In diesem Roman könnt ihr sicher sein, dass sie gesehen werden.

– Menschenwerk –

Han Kang

„Noch bevor der Mann seinen Satz beenden konnte, hast du gesehen, wie sich ein Arm hob. Dann sahst du mit an, wozu Hände, Füße und andere Körperteile imstande waren. Der Mann rief keuchend um Hilfe. Die Angriffe gingen weiter, bis er sich nicht mehr rührte.“

Der Gwangju-Aufstand im Mai 1980 begann als studentische Demonstration gegen die Militärdiktatur und endete mit einem brutalen, gewalttätigen Massaker.

In “Menschenwerk” schreibt Han Kang über die gewaltsame Zerschlagung des Gwangju-Aufstands und findet für das Unbeschreibliche aufrüttelnde und tief bewegende Worte zugleich.

Für dieses schonungslose Buch wählt sie eine ganz besondere Form. Han Kang erzählt durch die Augen und Herzen der Opfer, tot oder lebendig. Jedes Kapitel trägt den Namen eines Charakters. Jahreszahlen helfen einzuordnen was war und was noch immer ist.

Wir erfahren, wie das Militär Menschen brutal niederschlägt, die sich für Menschenrechte einsetzen. Wie bewaffnete Truppen wahllos in Menschenmengen schießen. Gewalt und Terror beherrschen den Aufstand und fordert schätzungsweise tausende Leben.

Wer überlebt hat, wird gefoltert und noch Jahre später drangsaliert oder kämpft mit den Folgen dieser Barbarei.

„All diese Leichen. Hast du keine Angst vor ihnen? Du bist doch sonst immer so ängstlich.“ Mit einem Lächeln hast du geantwortet: „Es sind die Soldaten, die mir Angst einjagen, nicht die Toten.“

Schnörkellos, schockierend und überwältigend.

Aber seid gewarnt – es gibt viel Blut, viele Leichen und viel Tod. Doch wo es gibt auch Licht in dieser Dunkelheit. Und dort findet man auch Empathie und Solidarität.

Übersetzung: Ki-Hyang Lee

– Iss das jetzt, wenn du mich liebst –

Bianca Nawrath

Ich glaube, ich wurde noch nie mit so vielen Polen-Klischees bombardiert wie in diesem Buch!

“Iss das jetzt, wenn du mich liebst” von Bianca Nawrath ist vollgestopft mit allem was die polnischen, gesellschaftlichen Konventionen und deren kulinarische Traditionen zu bieten hat.

Kinga, deren Familie aus Polen stammt, lebt bereits länger mit ihrem Freund/Verlobten Mahmut in Berlin. Beide passen gut zusammen, kommen sie doch beide aus familienverbundenen Kulturkreisen und kennen die emotionale Verpflichtung der Familie gegenüber. Doch einen Moslem zum Schwiegersohn ist schon ein starkes Stück. 

Ein Kennenlernen der polnischstämmigen Familie mit Mahmut hat Kinga jahrelang verhindern können, doch nun soll eine Familienhochzeit in der alten Heimat den Weg ebnen und eine Basis schaffen.

Als ich das Buch gelesen habe, hatte ich starke gemischte Gefühle. Ich habe meine Familie und mich in sehr vielen Dingen wiedererkannt. Ob es die Tatsache war, dass wir regelmäßig in die Heimat gefahren sind und dort als die “Reichen” galten, obwohl wir in Deutschland in einer Mietwohnung lebten während in Polen alle Verwandten ein Haus besaßen. Oder das meine Mutter einmal älteren Tanten gegenüber einen Freund für mich erfunden hat, als ich zu der Zeit Single war, weil man mit 25 und unverheiratet als alte Jungfer galt, mit der was nicht stimmen kann, wenn sie noch keinen Mann und Kinder hat. 😉 

Den Zwiespalt mit zwei Welten verbunden zu sein konnte ich sehr gut nachvollziehen, genauso dieser vollständige Integrationsgedanke meiner Familie, bis hin zur absoluten Anpassung und dem Verbergen der polnischen Wurzeln, um bloß nicht aufzufallen.

Ein flotter, leichter Roman, der zwar kurzweilig unterhält, aber sich auch einer Menge Vorurteile und Stereotype bedient. Für mich persönlich stellenweise etwas zuviel.