– Das Porzellanzimmer –

Sunjeev Sahota

Punjab, 1927.

Die 15jährige Mehar wird mit einem von drei Brüdern verheiratet. Welcher davon ihr Ehemann ist, erfährt sie nicht. Laut Schwiegermutter Mai ist dies auch unnötig.

Mit Harbans und Gurleen kommen sie als die drei Schwiegertöchter in ihr neues Heim und bewohnen das Porzellanzimmer. Mehars Alltag ist durch harte Arbeit auf dem Hof unter ständiger, strenger Beaufsichtigung von Mai geprägt. Auch dürfen die drei Ehefrauen sich nur verschleiert zeigen.

Nachts wird sie in ein anderes Zimmer diktiert, wenn ihr Mann nach ihr verlangt. In einem dunklen Raum, der gerade noch so Umrisse erkennen lässt, wird Mehar regelmäßig mit ihrem Ehemann zusammengeführt um einen Erben zu zeugen.

Für Mehar ist dies vor allem deshalb wichtig, um sich ihre Stellung als Schwiegertochter des Hauses zu sichern.

Eines Tages gelingt es ihr vom Porzellanzimmer aus einen Blick auf einen der Brüder zu erhaschen. Sie vermutet ihn ihm ihren Ehemann zu erkennen.

In der Gegenwart kommt der namenlose, heroinabhängige Ich-Erzähler und Urgroßenkel Mehars in Indien an. Mit den ersten Entzugserscheinungen und völlig ausgemergelt kommt er bei seinem Onkel Jai und Tante Kuku unter. Gezeichnet von den rassistischen Erfahrungen zu Hause in Großbritannien und der harten Plackerei seiner Familie droht er immer weiter abzurutschen.

Nach kurzer Zeit wird er auf den ehemaligen Hof seiner Urahnin ausquartiert. 

Während er versucht den Entzug durchzustehen, beschäftigt er sich mit Aushilfsärztin Radhika und Lehrer Tanbir damit das verfallene Haus zu streichen. Dort wandelt er auf den Spuren seiner Urgroßmutter Mehar und kommt einem großen Familiengeheimnis auf die Spur.

In diesen knapp 240 Seiten steckt soviel Wucht. Es dreht sich um arrangierte Ehen, Tradition, (Post-) Kolonialismus, Geschlechterrollen und Rassismus.

Auf zwei Zeitebenen entfaltet Sahota eine packende Story mit beklemmenden, kammerspielartigen Szenen. Ein echter Pageturner. Mein einziger Minuspunkt ist die Länge des Romans. Pro Handlungsstrang hätten es ruhig noch 100 Seiten oder mehr sein können.

Nach kurzem Schnuppern in den Vorschauen hatte ich -Das Porzellanzimmer- von Sunjeev Sahota eigentlich nicht auf der Leseliste. Doch es wurde auf der #lbm nochmals so gut gepitched bei @hanserblau dass ich es doch lesen musste. Was soll ich sagen außer – zum Glück!

Übersetzung: Ulrika Wasel und Klaus Timmermann

Unbezahlt/ Rezensionsexemplar

– Das Band, das uns hält –

Kent Haruf

Lasst Euch mitnehmen in die Weite Colorados, ganz weit draußen nach Holt. Dieses Mal lernen wir die (fiktive) kleine Stadt “am Rande der Welt” nicht von ihrer beschaulichen Seite kennen.

Edith Goodnough, 80 Jahre, wurde verhaftet. Selbst Reporter aus Denver kommen angereist um sich in der Stadt nach der Story um den Tod von Ediths Bruder Lyman zu erkundigen. Als ein Journalist bei Sanders anklopft um diesen auszufragen, weigert er sich auch nur ein Wort darüber zu verlieren.

Stattdessen erzählt er uns die Geschichte, vollständig, von Anfang an. Denn:

Sanders Roscoe konnte viele Jahrzehnte hindurch das Leben der Familie Goodnough beobachten. Sein Vater John lebte mit dessen alleinerziehender Mutter auf dem Nachbargrundstück und half ein ums andere Mal bei der Ernte. Durch ihn erfahren wir alle Einzelheiten wie sich Roy Goodnough mit seiner Frau Ada auf einem Stück Land als Siedler niederließen.

Während der harten Arbeit und der Erbarmungslosigkeit Roys gedeiht die Farm und es folgen die Kinder Edith und Lyman, die mit Hilfe von Sanders Großmutter zur Welt kommen. Roy tyrannisiert die gesamte Familie mit seiner Härte. Als Ada einige Jahre darauf stirbt, übernimmt Edith sämtliche Pflichten ihrer Mutter. Lyman leidet unter der harten Hand seines Vaters und schuftet wie ein Tier auf dem Hof, während er von einem anderen Leben träumt.

Einen Sommer lang knüpfen John Roscoe und Edith zarte Bande. Durch einen Unfall mit der Mähmaschine verliert Roy fast alle Finger und wird zum Pflegefall. Edith lehnt den Heiratsantrag von John ab, da sie sich ihrem Vater und der Farm verpflichtet fühlt.

John versteht, heiratet eines Tages eine andere und als Sanders auf die Welt kommt, überschüttet Edith den Kleinen mit all ihrer Liebe. Lyman sieht seine Chance zur Flucht gekommen, als Pearl Harbor angegriffen wird. Er will sich freiwillig dem Militär verpflichten, wird aber für untauglich erklärt und reist daraufhin von Stadt zu Stadt durch das Land, während er Gelegenheitsjobs nachgeht.

Lyman schickt seiner Schwester Postkarten und Geld aus der Ferne. Selbst als Roy nach langer Zeit stirbt, kehrt Lyman erst viele Jahre später nach Hause zurück. Die Geschwister blühen auf, leben eine Kindheit nach, die sie niemals hatten. Sanders und seine Frau Mavis, sowie Töchterchen Rena sind schon fast sowas wie Familie und die fünf verbringen viel Zeit miteinander.

Doch es kommt der Tag an dem sich Lyman verändert. Nach einem Autounfall war er nie wieder derselbe. Mit dem Alter wird er immer schwieriger, verschrobener und unberechenbarer. Wieder ist es Edith die zurücksteckt und ihren Bruder zu Hause pflegt. Doch wieviel kann ein Mensch in einem Leben ertragen…?

Wieder einmal ist es der einfühlsame, warmherzige Ton der allen Romanen Kent Harufs ihren typischen Schliff gibt, der hier Seite für Seite berührt. Über mehrere Generationen beschreibt Haruf in seinem ersten Roman den rauen Alltag auf einer Farm, was Pflichtgefühl und Existenzangst einem abverlangen und wie mächtig die Kraft der Freundschaft ist.

Kent Haruf war ein großer Erzähler, dessen Bücher ich sehr gerne verschenke. Es lohnt sich immer einen der Holt-Romane (erneut) zu lesen.

Übersetzung: pociao und Roberte de Hollanda

Unbezahlte Werbung/ Rezensionsexemplar. Vielen Dank an den Diogenes Verlag für die Bereitstellung.

– Der Pole –

J.M. Coetzee

“Sie sieht den Polen zum ersten Mal, leibhaftig, als er auf das Podium schreitet, sich verbeugt und am Steinway Platz nimmt.”

Die Rede ist von Witold, 72 Jahre, Pianist. 

Das Kuratorium welches seine Chopin-Interpretationsreihe betreut, entsendet Beatriz in Vertretung für Kuratorin Margarita, um den betagten Künstler zu unterstützen.

Beatriz ist seit langem verheiratet, ihr Ehemann hat immer mal wieder kleine Affären, die sie des Friedens Willen akzeptiert. Auch er würde es in ihrem Fall tolerieren.

Nach dem Konzert in Barcelona unterhalten sich Beatriz und der Maestro beim gemeinsamen Abendessen. Sie diskutieren Chopin, über das Glücklichsein und Polen.

Nicht immer ist sich Beatriz sicher Witold zu verstehen. Ist es sein beschränkter Wortschatz im Englischen oder etwas Universelles, das er zu wissen scheint und ihr jedoch verborgen bleibt?!

In den folgenden Wochen schreibt Maestro Walczykiewicz immer wieder ellenlange E-Mails an Beatriz, lädt sie zu Konzerten ein und möchte mehr Zeit mit ihr verbringen. Obwohl ihr Ehemann deutlich zeigt, nichts dagegen zu haben, lehnt Beatriz allein den Gedanken zuerst kategorisch ab. 

Als sie sich letzten Endes doch nahe Valldemossa treffen, kommen sich beide näher.

Eine kleine, feine Novelle über Musik, Sprache und Liebe mit ihren schwermütigen Facetten.

– Erfüllung –

Nina Bouraoui

Michéle Akli hat Frankreich verlassen, um mit ihrem Ehemann Brahim in seiner Heimat Algerien zu leben. Zusammen mit ihrem zehnjährigen Sohn Erwan wohnen sie in der Hauptstadt Algier.

Michéle fühlt sich leer, unvollkommen und hat Alkoholprobleme. In ihrer Melancholie beginnt sie Tagebuch zu schreiben.
Sie schreibt über die langen Tage in den 70er Jahren ohne eine Aufgabe, über die Probleme für zugereiste Franzosen nach der Unabhängigkeit. Die Atmosphäre im Land ist angespannt und das Zusammenleben mit den Einheimischen ist von Misstrauen geprägt
Ihre Gefühle für Brahim sind mittlerweile erloschen, vielmehr verspürt sie Mitleid. 
Erwan ist alles was ihrem Leben ein wenig Sinn zu geben scheint. Als Erwan eines Tages seine Mitschülerin -Bruce- mitbringt, reagiert Michéle sofort mit Eifersucht und Ablehnung auf die Teenagerin. Zu groß ist die Angst, jemand anderes könnte ihr die Liebe ihres Sohnes wegnehmen.
Bruce wird zu ihrem Hassobjekt an dem sie innerlich ihren Frust abarbeiten kann. Catherine, Bruce’ Mutter, hingegen wird zum Sinnbild ihres Verlangens. Die Französin stellt alles dar, was Michéle sein möchte und scheinbar nicht erreichen kann.

Dieses Buch ist so schwer in Worte zu fassen. Die sinnlichen, plastischen Beschreibungen sind so gewaltig, so bildhaft. Die Gedankenwelt der Protagonistin wirkte regelrecht verstörend auf mich. Die Beschreibungen ihrer besitzergreifenden Gefühle für ihren Sohn fühlten sich einfach nur unangenehm an.
Eine trinkende, getriebene Mutter ohne Aufgabe die ihr Umfeld kommentiert.
Die politische Situation nimmt keinen direkten Platz in dem Roman ein. Vielmehr bleibt die angespannte Stimmung latent unter der Oberfläche und wirkt dennoch nach.

Übersetzung aus dem Französischen von Nathalie Rouanet

[unbezahlt/ selbstgekauft]

– Elsterjahre –

Charlie Gilmour

Wenn ich nur einen Satz über -Elsterjahre- von Charlie Gilmour sagen dürfte, dann wäre es: “Leute, lest dieses Buch, sonst fehlt Euch etwas im Leben!”

“Wenn Yanas Schwester das kleine Wesen nicht aufgehoben hätte, wäre es nicht mehr am Leben. Und wenn Yana es nicht mitgebracht hätte, sähe mein Leben wirklich sehr, sehr anders aus.”

Die Rede ist von einer Elster, die das Leben von Schriftsteller Charlie völlig auf den Kopf stellt und von ihm aufgezogen wird. Während er also als eine Art Ersatzvater tagein tagaus Würmer an das Elsterküken verfüttert, welches er liebevoll Benzene nennt, denkt er über die schlechte Beziehung zu seinem eigenen Vater Heathcote Williams nach.

Der Poet hat ihn und seine Mutter verlassen, als er noch ganz klein war. Obwohl Charlie ein gutes Verhältnis und eine Vaterfigur in Stiefvater David Gilmour hat, hadert er dennoch mit der Ablehnung durch seinen biologischen Vater Heathcote. 

Als Poet erfolgreich, als Mensch äußerst exzentrisch und verstörend narzisstisch, hat dieser schlichtweg kein Interesse am (Innen-)Leben seiner Kinder teilzuhaben.

Die Schuldgefühle zu gewöhnlich für den intellektuellen, brillanten Vater und deswegen verlassen worden zu sein, treiben Charlie bereits in jungen Jahren in Depressionen, die Drogensucht und letztendlich ins Gefängnis. Mithilfe der Familie schafft er den Absprung.

Mit Ende 20 lebt er mit Yana in einer glücklichen Beziehung, sie planen zu heiraten und Kinder zu kriegen. Charlie trägt schwer an den Altlasten mit Heathcote und zweifelt, ob er bereit dafür ist. Er hat Angst und befürchtet, dass er als Vater ebenso versagen würde.

Benzene hingegen wächst und gedeiht. An Auswildern und Freilassen ist kaum zu denken. Die Elster fühlt sich sichtlich wohl und sorgt mit ihren Aktionen regelmäßig für Chaos.

Es ist ein bisschen schwer über dieses Buch zu sprechen, da es so ganz anders und besonders ist.  Die Passagen in denen es um die Vater-Sohn Beziehung um Charlie und Heathcote geht sind sehr hart, sehr bewegend und schmerzhaft. Hingegen lockern die täglichen “Abenteuer” mit Benzene die Stimmung. Die zutrauliche Elster wird auch bei Charlies Familie wohlwollend akzeptiert. Richtig krass ist auch, dass die prägende Beziehung zu Stiefvater David Gilmour immer wieder thematisiert wird, jedoch nie erwähnt wird, wie berühmt er ist. (Gitarrist/ Pink Floyd).

Einfach großartig!

Dieses Leseerlebnis wird mich lange wenn nicht für immer begleiten. Die deutsche Übersetzung von Christel Dormagen ist unglaublich traurig, sensibel und warmherzig. Ohne die englische Originalfassung gelesen zu haben, behaupte ich, dass die Übersetzerin hier meisterhaft gearbeitet hat.

– EVA –

Verena Kessler

“Ich weiß nicht, ob ich mir je sicher sein werde, dass die Entscheidung richtig war. Vielleicht geht das auch gar nicht. Woher soll man das auch wissen? Man hat entweder Kinder, oder man hat keine. Niemand macht beide Erfahrungen.”

In ihrem zweiten Roman beschäftigt sich Verena Kessler dem emotionsgeladenen Thema Frausein und Mutterschaft.

Muss jede Frau einmal Mutter werden, oder ist es nicht vielmehr vernünftig angesichts der Klimakrise und Überbevölkerung keine Kinder mehr in die Welt zu setzen? Sind alle Mütter denn automatisch glücklich? Ist ein Leben ohne Kinder gleich sinnlos?

Verena Kessler schreibt über vier Frauen, deren Leben sich in irgendeiner Form mit der Mutterschaft auseinandersetzt.

  1. Da wäre die Journalistin Sina, die mit Partner Milo seit geraumer Zeit verzweifelt versucht schwanger zu werden. Oft fragt sie sich, ob sie überhaupt als Mutter geeignet wäre und ob sie die zahlreichen Versuche nur Milo zuliebe mitmacht. Würde er auch ohne Kinder mit ihr zusammenbleiben?
  1. Sina interviewt die Lehrerin -Eva- Lohaus, eine Lehrerin, die die Position vertritt, man dürfe keine weiteren Kinder mehr bekommen um die stetige Bedrohung der Klimakrise und der knapper werdenden Resourcen entgegenzuwirken. Ob man die Krise überhaupt noch verhindern kann ist auch für sie fraglich. Social media und die Presse starten eine Hetzjagd auf die “Kinderhasserin”. Sie flieht aufs Land und begegnet der Nachbarstochter. Durch die täglichen Treffen für die Mathenachhilfe ist Eva nicht plötzlich bekehrt, doch lernt sie ihre Ansichten und Überzeugungen etwas vorsichtiger und sensibler vorzutragen.
  1. Mona ist Mutter eines Sohnes, sowie von Zwillingsmädchen und die ein Jahr ältere Schwester von Sina. Sie liebt ihre Kinder und Familie, aber fühlt sich vom Leben abgehängt. Das Muttersein verlangt ihr alles ab. Immer wieder fragt sie sich wo etwas für sie selbst in diesem Leben bleibt. Nachdem Milo bei Sina ausgezogen ist, fliegen die Schwestern gemeinsam in den dringend benötigten Urlaub, wenn auch aus unterschiedlichen Beweggründen.
  1. Diese Frau bleibt namenlos. Ihr Kind verstarb nach schwerer Krankheit. Auch nach 6 Jahren ist sie nicht in der Lage ins Leben zurückzufinden. Der Schmerz will nicht vergehen. Die Arbeit im Sekretariat einer Schule (an der Eva Lohaus unterrichtet hat) hat sie aufgegeben. Seitdem wechselt sie ihre Jobs und versucht irgendwie weiterzumachen.

Ich hatte ein wenig Angst davor dieses Buch zu lesen. Angst davor, wie sehr es mich an einer verwundbaren Stelle treffen könnte. Und ja, manchmal hat es gepiekst. Aber dennoch ist es ein großartiges Buch, welches nicht anprangert und keine Stellung bezieht.

Vielmehr ist es eine Art Anstupsen in Richtung einer Brücke des gegenseitigen Verständnisses. Nicht jede Frau möchte Mutter sein. Nicht jede Mutter ist immer nur von Glück erfüllt. Nichts davon ist falsch und die Entscheidung muss jede Frau für sich treffen.

Vor allem Sina und ihre Schwester Mona haben es mir angetan. Hierzu gibt es erstaunlich große Parallelen zu meinem Leben. Das Schicksal der vierten Frau ist denke ich die größte Angst eines jeden Elternteils. Hier hatte sich den gesamten Abschnitt über eine schwere Traurigkeit über mich gelegt. Wie macht man weiter, wenn man zwar Mutter, aber ohne Kind ist.

Ein großartiger Roman den ich nur empfehlen kann. Für einen sensibleren Dialog bei diesem komplexen Thema.

(unbezahlt/ selbstgekauft)

Erschienen: Hanser Berlin

– Unser Deutschlandmärchen –

Dinçer Güçyeter

“Wenn du auf diesem Planeten nur ein Baum ohne Wurzeln bist, wie weit kannst du deine Äste strecken?”

Für -Unser Deutschlandmärchen- wurde Dinçer Güçyeter mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2023 ausgezeichnet.

Sein Roman ist nicht einfach irgendeine Geschichte über Gastarbeiterfamilien. Es ist seine Familiengeschichte, die Erfahrungen und Leben vieler Frauen, deren Träume oft der harten Realität weichen mussten.

Als Fatma mit Yilmaz verheiratet und als Gastarbeiterin nach Deutschland geschickt wird, ist ihr noch nicht klar, wie hart und entbehrungsvoll ihr Leben sein wird.

Schon bald ist sie diejenige, die die Familie mit mehreren Jobs ernährt, während Yilmaz jeglicher Anstrengung aus dem Weg geht und die Familie bei sich jeder möglichen Gelegenheit zusätzlich verschuldet.

Als nach langer Wartezeit doch endlich ein Kind kommt (Dinçer) setzt Fatma alle Hoffnungen und Erwartungen in ihn, damit er zu dem verantwortungsbewussten Mann in ihrem Leben, der Yilmaz nie gewesen ist.

Doch Dinçer sieht und fühlt oft anders. Sein Weg wird ein anderer sein.

Für mich ist es eine unvergessliche, nachhaltige Leseerfahrung. Poetisch aber gleichzeitig sehr direkt vermittelt uns Dinçer Güçyeter die Gefühle einer ganzen Einwanderergeneration und deren Nachkommen.

Ich habe so viele Parallelen zu meinen eigenen Wurzeln gefühlt. Eine Losgelöstheit, da man in der alten Heimat als “Die aus dem reichen Deutschland” gilt, während man hier mit harter Arbeit gerade so über die Runden kommt. Man lebt in einer Zwischenstation.

Dort ist man Deutsche:r, hier ist man fremd. Wo ist der eigene Platz und welche Herausforderungen muss man bestehen um dazuzugehören?

Ein großartiges Buch, welches unbedingt gelesen werden sollte. Empfehlung!

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