#buchpreisbloggen

Patenbuch: Findet mich von Doris Wirth

Ich freue mich, euch heute mein zugelostes Patenbuch #findetmich von @doriswirthschreibt vorzustellen.

Erschienen im @gepardenverlag ist es sowohl Doris Wirth’ Debütroman als auch eines von zwei Indie-Büchern, die dieses Jahr für den Deutschen @buchpreis nominiert wurden.

“Wahllos greift er nach Klamotten, die gebügelt im Spiegelschrank liegen, und wirft sie in die Reisetasche. Es spielt keine Rolle, was er einpackt. Hemden nützen dir nichts in der freien Wildbahn.”

Familienvater Erwin, ein Mann mittleren Alters, bricht eines Tages aus. Er hat genug, er will nur noch raus. Gesagt getan. Die, denen er wichtig ist, sollen nach ihm suchen, sollen ihn finden. Frustriert von Job und Familienleben, beschließt er abzuhauen. Für sein Ego ist es eine Art Schnitzeljagd und die anderen mögen sich seinem Willen fügen, denn in seinen Augen steht ihm dies zu. Schließlich ernährt er die Familie.

Doch was ist, wenn niemand suchen möchte?

Seine Frau Maria nimmt seit Jahren seine herrische und aufbrausende Art stoisch hin. Sie hat sich mit allem arrangiert, auch mit Erwins außerehelichen Abenteuern, die er mit seinen natürlichen Bedürfnissen begründet. Die aggressiven Tiraden von Erwin haben die Familie an ihre Grenzen gebracht. Sohn Lukas betäubt seinen Kummer mit Cannabis und Tochter Florence wird bulemisch. Erwins Ausbrüche werden immer schlimmer, seine Vorwürfe und Beschuldigungen immer verletzender.

Auf der Flucht in die Natur hinterlässt Erwin Brotkrummen. In seiner neu gelebten Freiheit driftet er immer weiter in eine Art Wahnsinn, ohne dass ihm bewusst wird, in welch psychischem Ausnahmezustand er sich befindet und lässt sich vom Größenwahn treiben.

Doris Wirth hat eine spannende Familienchronik geschrieben. Welchen Einfluss haben die Folgen elterlicher Erwartungshaltung gegenüber ihren Kindern in deren Zukunft? Wie sehr prägt uns unser Umfeld und die Gesellschaft, in der wir leben? In wechselnden Perspektiven und auf zwei zeitlichen Ebenen setzt die Autorin den Fokus auf patriarchale Strukturen und mentale Gesundheit.

Themen die nicht aktueller sein könnten und denen es sich anzunehmen gilt.

Mit Erwin hatte ich persönlich wenig Mitgefühl. Seine herrische Art und die Annahme sein Umfeld müsste sich seinen Regeln und Wünschen unterordnen haben mich sehr stark gegen ihn aufgebracht. Psychose hin oder her…Auch Maria und ihre stehts alles ertragende Persönlichkeit ist mir sauer aufgestoßen. Doch wie meinen Follower:innen wohl bekannt ist, müssen Protagonisten für mich nicht unbedingt sympathisch sein.

Es war mir eine große Ehre beim diesjährigen 20. Deutschen Buchpreis als #buchbloggerin teilnehmen  zu dürfen und ich möchte allen #longlist Nominierten nochmals meine Glückwünsche aussprechen. Ich bin wirklich sehr gespannt welche Romane es auf die #shortlist schaffen!

– Cascadia –

Julia Phillips

Die Schwestern Sam und Elena leben auf der Insel San Juan in einem Haus am Rande des Waldes und kümmern sich um ihre pflegedürftige Mutter.

Beide haben sich seit der High School ein Versprechen begeben: Keine Beziehungen bis die Mutter stirbt und im Anschluss beginnen sie ein neues Leben fernab der Insel.

Während Sam auf einer Fähre und Elena in einem High Society Club arbeiten um für die Arztrechnungen und laufenden Kosten gerade so über die Runden zu kommen, versuchen sie der schwerkranken Mutter die verbleidende Zeit so angenehm wie möglich zu machen.

Eines Tages nähert sich ein Bär ihrem Haus und bringt kurzerhand den Alltag der beiden Schwestern stark durcheinander. Seine Präsenz bringt nicht nur die aktuelle Lage in Bewegung sondern bringt auch so manch neue Erkenntnis ans Tageslicht, die sonst im Verborgenen geblieben wäre.

Julia Philips erzählt in -Cascadia- das triste und harte (Über-) Leben zweier Schwestern, die sich teils mit ihrem Schicksal abgefunden zu haben scheinen und doch vom kurzen Schimmer einer Möglichkeit angetrieben fühlen.

Durch die Ausnahmesituation mit dem Bären wird das Leben der beiden Protagonistinnen stark aufgerüttelt. Die Karten werden neu gemischt.

Ich muss ehrlich gestehen, dass mich die Lektüre nicht vollends begeistert hat. Im mittleren Teil habe ich mich ziemlich gelangweilt, wohingegen mich im letzten Drittel nochmal die Spannung gepackt hat. Endlich habe ich für mich verständliche Empfindungen und Reaktionen (Sam) lesen können.

Übersetzung: Pociao und Roberto de Hollanda

Erschienen bei: @hanserblau [unbezahlt/ Rezensionsexemplar]

– Das Lied des Propheten –

Paul Lynch

Das Buch der Stunde…

Es handelt davon, wie ein rechtes, totalitäres Regime die Macht über Irland an sich reisst.

Die Geschichte beginnt in Dublin. Hier lebt Eilish mit ihrem Ehemann Larry und den vier gemeinsamen Kindern. Eines abends kommen zwei Beamte des Garda National Services Bureau um Larry, den örtlichen Gewerkschaftsvorsitzenden, zu verhaften.

Eilish glaubt zunächst an ein Missverständnis und dass sich alles schnell aufklären lässt, doch dem ist nicht so. Seither fehlt von Larry jegliche Spur. Ihre Nachfragen bei den Behörden bleiben unbeantwortet.

Mit Aufstieg des Regime formiert sich aber auch Widerstand. Die Rebellion versucht die NAP aufzuhalten und es entbrennt ein blutiger Bürgerkrieg, in dem Lebensmittelknappheit, fehlende medizinische Versorgung und Wasser zum Alltag werden.

Alle Bürger müssen sich Ausgangssperren, ständige Kontrollen und Behördenwillkür unterordnen.

In seinen hellen Momenten rät Eilish’ dementer Vater seiner Tochter, dass sie die Kinder nehmen und ins Ausland flüchten soll, doch Eilish zögert.

Was wenn Larry nach Hause kommt oder Sohn Mark sich meldet, der sich mittlerweile den Rebellen angeschlossen hat?!

Paul Lynch hat ein unglaublich fesselndes und beunruhigend, beklemmendes Buch geschrieben. Angesichts der rechtspopulistischen Entwicklungen überall auf der Welt, kommt man nicht umhin das kräftezehrende Gelesene auf die Gegenwart zu projizieren. 

Wer hier noch schmunzelt und alles auf die Vorstellungskraft eines Autors schieben möchte, sollte gewarnt sein.

Nie war unser Frieden (wo er noch besteht) und die Demokratie fragiler.

Anfangs fand ich den Schreibstil gewöhnungsbedürftig, vor allem weil Dialoge nicht als diese gekennzeichnet waren. Nichtsdestotrotz bleibt einem kaum ein Moment der Ruhe. Vielmehr verfolgt man atemlos, wie die Protagonistin Eilish, gehetzt das Geschehen und bleibt mit einem Knoten im Magen zurück — so stark sind die Bilder, die diese Lektüre hinterlässt.

Die Geschehnisse durch die Augen der Mutter zu erleben, haben mich erschüttert aber auch ziemlich aufgebracht. Persönlich habe ich mich sehr sehr stark von Eilish teils naivem Verständnis der Situation und ihrer Passivität provoziert gefühlt. Dies liegt vermutlich in meinem Naturell, welches ihrem in großen Teilen völlig entgegen steht.

Übersetzung: Eike Schönfeld

Erschienen bei: Klett Cotta Verlag (Unbezahlt/ selbstgekauft)

– Das Loch –

Hiroko Oyamada

Kurz zum Inhalt: Asahi und ihr Mann ziehen aufs Land in ein freistehendes Haus seiner Familie. Er hat es näher zur Arbeit und ist praktisch den ganzen Tag weg, während Asa ihren unsicheren Job in der Großstadt aufgegeben hat. Durch das höhere Einkommen ihres Mannes und dem Umstand, dass die beiden seinen Eltern keine Miete für das Haus zahlen müssen, kann sie erstmal die Tage auf sich zukommen lassen.

Ohne Aufgabe, ohne Termine hangelt sie sich planlos durch die Stunden, bis sie es schließlich nicht mehr aushält, sie für ihre Schwiegermutter etwas erledigen soll und ein wenig spazieren geht. Hier kommt sie an einem Fluss vorbei und fällt dabei in ein Loch. Mit Hilfe einer Nachbarin kann sie sich befreien, doch seitdem scheint nichts mehr so wie es war. Das Wetter spinnt, ein völlig unbekanntes, schwarzes Tier streunt durch die Gegend und Asahi lernt zu ihrer Überraschung ihren Schwager kennen, was ziemlich ungewöhnlich ist, denn in ihrer langjährigen Ehe kam dessen Existenz niemals zur Sprache.

Hiroko Oyamada schreibt so spannend, surreal und voller Wendungen. Doch wie kann man den Roman und sein offenes Ende verstehen? 
Ich sitze immer noch da und grüble was ich darüber denken soll.

Übersetzung: Nora Bierich/ Erschienen bei Rowohlt Verlag (Unbezahlt/ selbstgekauft)

– Malnata –

Beatrice Salvioni

Die perfekte Vorbereitung auf den diesjährigen #guestofhonour#italia der Frankfurter Buchmesse 2024!

Die junge Francesca wird streng religiös erzogen. Sie muss gehorchen, sich anpassen und die starren Regeln des faschistischen Patriarchats im Italien des Jahres 1935 befolgen. Ihre Eltern wollen dem Regime Mussolinis gefallen um daraus ihren Nutzen zu ziehen und sind getrieben von dem Wunsch weiter aufzusteigen.

Ihre ichbezogene Mutter und der abwesende Vater lassen Francesca in einem kalten, lieblosen Zuhause aufwachsen. Nur Haushaltshilfe Carla erwärmt sich für das junge Mädchen.

Kein Wunder also, dass sie der wilden, verwegenen Malnata (der Unheilbringenden) nacheifert. Diese soll neben dem Tod ihres kleinen Bruders für so manch andere Unglücksfälle verantwortlich sein. Alle halten sich fern von diesem Mädchen des Teufels. Wenn man ihr begegnet geht man lieber auf Abstand und bekreuzigt sich.

Maddalena, wie die Malnata eigentlich heißt, kümmert das Gerede um ihre Person recht wenig. Sie hat vor nichts und niemandem Angst, hat einen scharfen Verstand und kann hinter so manche Fassade blicken.

Beide Mädchen entdecken welche Rollen sie in dieser ganzen frauenfeindlichen Chose einzunehmen haben.

-Erwachsen und eine Frau zu sein, bedeutete vielleicht genau das: Es hatte nichts mit dem Blut zu tun, das einmal im Monat kam, auch nichts mit den Bemerkungen der Männer oder mit schönen Kleidern. Eine erwachsene Frau zu sein, bedeutete, einem Mann, wenn er sagte: “Du gehörst mir”, in die Augen zu sehen und ihm zu antworten: “Ich gehöre niemandem.”-

Die beiden Mädchen freunden sich trotz aller Klassenunterschiede an. Francesca entdeckt durch die Freundschaft zu Maddalena ihre Stimme, ihren eigenen Willen und rebelliert gegen

die strengen Eltern und letztendlich auch die faschistischen Strukturen.

Auch wenn ich mit dem Ende nicht ganz zufrieden war, muss ich sagen welche große Bewunderung ich für Beatrice Salvioni hege, die ein großartiges Debüt hingelegt hat.

Die Autorin schreibt über eine Mädchenfreundschaft, die sich für die weibliche Selbstbestimmung immensen Hürden entgegenstellen muss.

Mit kraftvollen, fesselnden Worten schildert sie die Entwicklung eines angepassten Mädchens (Francesca), welches zunehmend eigene Gedanken entwickelt und sich ihrem unterdrückenden Umfeld bewusst wird. Ebenso über Maddalena, die erkennt, dass sie durch die Macht ihrer Worte Dinge bewirken kann, ja denen es sich vielmehr aufzulehnen gilt.

Ein lesenswerter Roman, der mich neugierig auf die weitere Arbeit der Autorin stimmt.

Ich denke die Übersetzung von Anja Nattefort aus dem Italienischen hat hier großartig die Stimmung dieser Geschichte transportiert.

Erschienen bei Penguin/ unbezahlt/selbstgekauft

– Oben Erde, unten Himmel –

Milena Michiko Flašar

#latetotheparty aber dafür umso mehr Spaß an diesem tollen Buch! Danke @literaturtee für diesen Buchtipp bei Deinem Besuch in Regensburg letztes Jahr! Du musst bald wieder kommen!

Die junge, alleinstehende Suzu lebt mit ihrem Hamster Punsuke einsam und zurückgezogen. Soziale Interaktion ist nicht unbedingt ihre Stärke und durch den Dating-Dschungel manövriert sie sich eher schlecht als recht.

Als sie ihren Job als Kellnerin verliert, wird sie auf die Stellenausschreibung von Herr Sakai aufmerksam.

Seine Reinigungsfirma kümmert sich um sogenannte Kodokushi-Fälle. So nennt man Todesfälle, bei denen die Toten ohne soziales Umfeld allein gelebt haben und alleine verstorben sind. Ihr Tod wird oft erst sehr spät bemerkt.

Zu Anfang ist die Arbeit eine echte Herausforderung, denn hier stülpt sich Suzu mehr als einmal der Magen um, sobald sie mit den Verwesungsgerüchen und anderen Hinterlassenschaften der Verstorbenen konfrontiert wird.

Doch mit der Zeit freundet sie sich sowohl mit der Aufgabe als auch mit ihren 3 Kollegen der Reinigungskolonne an. Durch die Arbeit beginnt Suzu langsam sich zu öffnen und auf andere zuzugehen. So kümmert sie sich um ihren Kollegen Takada als dieser erkrankt oder auch um ihre betagten Nachbarn, die ihr schnell ans Herz wachsen.

Ein feinfühliger Roman über Achtsamkeit und Einsamkeit. Die Charaktere sind wunderbar liebevoll beschrieben, man fliegt durch die Geschichte und überlegt, wann man sich zuletzt nach links und rechts gedreht hat, was einem eventuell in der Hektik entgangen sein oder bei wem man sich schon lange nicht mehr gemeldet haben könnte.

Ein Appell an unsere Gesellschaft, die an ihrer Anonymität und Gleichgültigkeit zu zerbrechen droht.

Nachdem ich das Buch beendet habe, war ich noch trauriger, dass ich der Lesung von #milenamichikoflasar im November 2023 bei @team wegen meiner Hysterektomie nicht beiwohnen konnte. Ich hätte so gerne gehört, wie Milena Michiko Flašar an diesem Abend gelesen hat. Ich hatte die Eintrittskarte No. 1 für diese Veranstaltung. Ihr seht also – es war mir ernst!

Wenigstens hat mich ein Arbeitskollege vertreten und mein Exemplar für mich signieren lassen.

Die OP und meine private Situation haben mich die letzten Monate nicht lesen lassen, weswegen ich das Buch erst jetzt nach einer Phase des Umbruchs umso begeisterter gelesen habe.

Vielleicht musste auch ich erst an einen Scheidepunkt kommen um es lesen zu können…

Erschienen bei Wagenbach/ selbstgekauft

– Heiligenbilder und Heuschrecken –

Layla Martínez

Ein schmales krasses Buch voller Abgründe der menschlichen Seele.

In einem abgelegenen Dorf in Südspanien, lebt eine Großmutter mit ihrer erwachsenen Enkelin in einem Haus zusammen.
Dieses Haus ist Wohnstätte von Dämonen, Geistern, Engeln und Heiligen. Von der Gesellschaft ausgegrenzt, leben “die Alte” und ihre Enkelin festgekettet in ärmlichen Verhältnissen, denen nur schwer zu entkommen ist.

„In diesem Haus leben die Toten zu lange und die Lebenden zu kurz. Die dazwischen hängen wie wir, tun weder das eine noch das andere.“

Im Dorf sind Gerüchte über die beiden im Umlauf, deren Bewohner sich dennoch hier und da machtvolle Päckchen von der Großmutter schnüren lassen.
Die Enkelin will raus aus dem Ganzen, doch ist sie genau wie ihre Großmutter an das Haus gebunden.
Damit die beiden über die Runden kommen, arbeitet die junge Frau als Kindermädchen der ansässigen reichen Familie Jarabo. Beide Familien sind über Generationen miteinander verbunden, wenngleich auf unterschiedliche Weise.

Eines Tages verschwindet der verzogene Junge auf den sie aufpassen soll. Immer wieder wird die Enkelin zum Verhör geladen, verhaftet. Hat sie mit dem Verschwinden des Jungen etwas zu tun?

Dieses Buch ist ein einziger düsterer Ritt. Die namenlosen Charaktere erzählen abwechselnd in einer rohen, extremen Direktheit über Klassenunterschiede, Sexismus, Gewalt und Rache. Dabei strotzt es voller generationsübergreifender Wut und Hass, birgt dunkle Geheimnisse und einem spirituellen, magischen Realismus, der die unheimliche Grundstimmung zusätzlich unterstreicht.
Große Empfehlung an alle, die keine Berührungsängste mit hartem Stoff haben!

Übersetzung: Christiane Quandt
@eichbornverlag / selbstgekauft