Édouard Louis

“Ich finde nicht die Worte, um es zu erklären, aber alles auf diesem Abzug, in ihrer Haltung, in ihrem Blick, im Schwung ihrer Haare erzeugt den Eindruck von Freiheit, die unendlich vielen Möglichkeiten vor sich, und vielleicht, auch, das Glück. Ich glaube, ich hatte vergessen, dass sie vor meiner Geburt frei war — glücklich?”
Schwanger mit 16, Schulabbruch, mit 19 das zweite Kind und eine zweite Ehe, die von Gewalt und Alkohol geprägt ist.
Das Leben seiner Mutter Monique kann der junge Édouard nicht mehr ertragen. Er schämt sich ihrer, verleugnet sie bei Freunden und wünscht sich ein ums andere Mal von einer anderen Mutter aufgezogen zu werden.
Als er ans Gymnasium nach Amiens kommt und später für ein Studium nach Paris zieht, fühlt er sich beflügelt und erleichtert seine proletarische Herkunft hinter sich zu lassen. Die Kluft zwischen Mutter und Sohn wird durch seinen Bildungsaufstieg immer größer.
Viele Jahre später ruft sie ihn an: “Ich hab es getan.” Endlich ist Monique aufgestanden und hat ihr altes Leben hinter sich gelassen. Sie zog vom Land in die Stadt und lebt fortan als freie, glückliche und selbstbestimmte Frau.
“Man hat mir gesagt, die Literatur dürfe niemals versuchen, die Wirklichkeit zu erklären, sondern sie nur illusionieren, aber ich schreibe, um das Leben meiner Mutter zu erklären und zu verstehen.”
Édouard Louis schreibt über seine Mutter, sich selbst und ihre Beziehung zueinander mit gnadenloser Wucht. Er seziert, legt das Wesen dieser Mutter-Sohn-Verbindung frei und nimmt sein eigenes Verhalten genauso unter die Lupe, wie das seiner Mutter um sich wieder anzunähern.
Eine kluge Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie mit reflektierten Beobachtungen.