Peter Stamm

Wie ist es wenn man sein Leben verpasst?
In -Das Archiv der Gefühle- von Peter Stamm lebt der namenlose Ich-Erzähler vor sich hin.
Seine Arbeit als Archivar bei einer Zeitung hat er verloren, geht dieser Beschäftigung aber weiterhin im geerbten Elternhaus nach.
“Ich muss eine Akte zum Thema Geräusche des Wassers anlegen, ich frage mich, wo in der Systematik sie hingehört, Natur, Physik, vielleicht sogar Musik? Geräusche, Gerüche, Lichtphänomene, Farben, so vieles fehlt noch in meinem Archiv, so viel Unbeschriebenes, Unerfasstes, Unerfassbares.”
Er hatte Beziehungen, doch gab es nur eine Liebe für ihn, die ihn bis in die Gegenwart begleitet. Franziska, mit der er nie zusammen kam, die später Karriere als Sängerin Fabienne machte und über die er ebenfalls eine Akte führt.
Während der Arbeitslosigkeit beleuchtet er die Stationen seines Lebens und bemerkt, dass es eine Abfolge zahlreicher Ereignisse war, die nirgends hinführten. Selbst als er eines Tages Kontakt zu seiner großen Liebe Franziska aufnimmt, zweifelt er letztendlich daran, ob es eine Zukunft mit ihr gäbe, oder ob es eigentlich nur das archivierte Bild in seiner Vorstellung von ihr ist — die unerreichbare Liebe der er ein Leben lang nachhängt.
Dieses Buch verspricht keine Action, doch es ist eine eindringliche Story über einen Mann, der durchgehend untätig zu bleiben scheint. Er meidet Menschen und blickt auf ein ungelebtes Leben zurück. Doch ab dem Zeitpunkt, an dem er sich mit seiner Geschichte beschäftigt, das Haus aufräumt und das Archiv Stück für Stück entsorgt, kommt so etwas wie ein Funken Hoffnung auf, dass es etwas neues beginnen könnte.
Peter Stamms Romane sind geprägt vom Weglassen. Hier fällt kein überflüssiges Wort. Reduziert und unspektakulär schreibt er einen eindringlichen Roman über Einsamkeit und Illusion.
Von meiner Seite her eine klare Leseempfehlung. (Ich bin aber auch bekennendes Peter Stamm Fangirl)