Kazuo Ishiguro

„Glaubst du an das menschliche Herz? Ich meine natürlich nicht einfach das Organ. Sondern im poetischen Sinn. Das Herz des Menschen. Glaubst du, dass es so etwas gibt? Etwas, das jedes Individuum besonders und einmalig macht?
Kazuo Ishiguro hat seinen neuen Roman „Klara und die Sonne“ rund um das Thema Künstliche Intelligenz geschrieben.
In der hochentwickelten Welt des Buches, gibt es genoptimierte Kinder und natürlich geborene, die in gehoben und ungehoben unterteilt werden. Der Zugang zu Bildung und beruflichem Erfolg hängt von der sozialen Stellung ab. Während gehobene Kinder zu der Elite gehören und entsprechend gefördert werden, bleibt den ungehobenen keinerlei Perspektive. Soziale Kompetenzen und Interaktion ist für die vereinsamten Menschen zu einem der größten gesellschaftlichen Probleme geworden.
Vieles wurde durch die hochentwickelte Technik verändert; Arbeitsplätze vieler Menschen fielen weg nachdem Computer und Maschinen die Arbeit übernehmen konnten. Es herrscht ein Zwei-Klassen-System.
Klara ist eine Künstliche Freundin, kurz KF, durch deren (naive) Augen die Geschichte erzählt wird. Eine ganze Weile schon steht sie im Schaufenster eines Geschäfts und beobachtet von dort aus die Außenwelt. Eines Tages lernt sie die schwerkranke Josie kennen. Diese wählt Klara als Freundin und helfende Weggefährtin aus. In ihrem neuen zu Hause muss sie sich erstmal zurechtfinden und versucht zu verstehen, was es mit dem Menschsein auf sich hat und wie sie eine bessere KF werden kann.
Dieser neue Roman von Ishiguro lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück. Der Plot hat mich stark an „Alles, was wir geben mussten“ erinnert. Vielleicht ist das der Grund, warum ich das Buch stellenweise etwas langweilig fand.
In diesem Werk befasst sich der Nobelpreisträger wieder einmal mit den Abgründen der Gesellschaft.
Er schreibt über die Vereinsamung der Menschheit, über Wunschbabies aus der Reproduktivmedizin und über technologischen Fortschritt, der immer mehr Raum in unseren Leben einnimmt.
Diese literarische Auseinandersetzung mit den ethischen und moralischen Problemen der Menschen erinnert mich stark an die Werke von Ian McEwan. Beide Autoren haben ein großes Gespür für die wichtigen Themen und zögern nicht über diese zu schreiben.
Doch leider ist Ishiguro meiner Meinung nach an der wichtigen Message vorbeigeschrammt, weil er sich plötzlich in eher gewöhnlichen Dingen vergaloppiert hat und vom Weg abgekommen ist.
Ein Roman der tiefgründig sein könnte, doch im Nachgang nur dahingehend zum Nachdenken anregt, wenn die Leser*innen versuchen die vorhandenen Schwachstellen zu ergründen.
Nichts desto trotz ist auch dieses Buch von Ishiguro zugänglich, spannend und mit einer gewissen Leichtigkeit zu lesen.
Nicht sein bestes Werk, aber dennoch niveauvoll.
Übersetzung: Barbara Schaden
Ein toller #buddyread mit @sandrafalke.com mit der ich einen tollen Austausch hatte. Immer wieder gerne!
Ein Kommentar zu “– Klara und die Sonne –”