Tomasz Jedrowski

„Die ganze Zeit hatte ich dich fragen wollen, ob du sie liebst. Es war das Einzige, was ich bereute, nie gefragt zu haben. Inzwischen ist mir klar, dass es nie wichtig war. Denn du hattest recht mit deiner Bemerkung, dass Menschen uns nicht immer geben können, was wir von ihnen möchten; dass man nicht immer verlangen kann, uns so zu lieben, wie wir es wollen. Man kann das niemandem zum Vorwurf machen. Und die Chancen für uns standen von Anfang an nicht gut: Wir hatten kein Handbuch, niemanden, der uns den Weg zeigte. Nicht ein einziges Beispiel eines glücklichen Paars, das aus Jungs bestand. Wie sollten wir da wissen, wie es geht? Glaubten wir überhaupt daran, dass wir es verdient hatten, glücklich zu sein?“
Bereits die ersten Sätze in „Im Wasser sind wir schwerelos“ von Tomasz Jedrowksi haben mich tief berührt und mein Herz fest umklammert.
Ludwik ist von Polen in die Vereinigten Staaten emigriert um dem kommunistischen Regime zu entkommen und erinnert sich in Form eines Briefes an seinen ehemaligen Geliebten Janusz, der in Polen geblieben ist.
Einige Jahre zuvor nahm der damals studierende Ludwik an einem „freiwilligen“ Ernteeinsatz der Regierung teil. Dort lernt er Janusz kennen, der die Partei für eine Lösung aus der Armut hält. Ludwik hat ein geschmuggeltes Exemplar von James Baldwins „Giovannis Zimmer“ dabei, welches er in einem anderen Buch versteckt. Janusz möchte es gerne lesen und so leiht er es ihm. Die beiden knüpfen zarte Bande und als die Erntearbeit beendet ist, beschließen die beiden noch ein paar Wochen dranzuhängen und an einem abgelegenen Ort zu kampieren.
Fernab aller gesellschaftlichen und kommunistischen Einschränkungen, verbringen sie dort gemeinsame Zeit aus der ihre intensive Liebesbeziehung entsteht.
Als sie nach Warschau zurückkommen, können sie sich nur noch unter strengster Geheimhaltung treffen. Schon bald wird ihre Beziehung durch die unterschiedlichen Einstellungen zur Regierung und der politischen Strukturen auf eine harte Probe gestellt.
Während Janusz sich anpassen, im Regime aufsteigen und es so zu etwas bringen möchte, würde Ludwik am liebsten fortgehen und im Ausland ein neues Leben beginnen.
Ich bin ganz mitgerissen von diesem Debüt. Es ist unglaublich poetisch und gefühlvoll. Auch das Einflechten von Baldwins „Giovannis Zimmer“ ist wirklich meisterhaft gemacht und die Verehrung für den Autor deutlich spürbar.
Ebenso die Darstellung des sozialistischen-kommunistischen Regimes zu damaliger Zeit hat mich einfach umgehauen. Es fielen Sätze, bei denen mich ein regelrechter Schauer durchfuhr. Ich las Dinge, die ich schon so oft aus dem Mund meiner Mutter gehört hatte.
Das Schlange stehen um Toilettenpapier und Essen, stundenlang, ohne zu wissen ob man überhaupt etwas bekommt und wie man oft mit leeren Händen nach Hause kam.
Oder daran, wie meine Mutter das erste Mal in einem deutschen Lebensmittelmarkt war und in Tränen ausgebrochen ist, weil die Regale vor lauter Ware nur so strotzten.
Wir kamen am 22.08.1988 zwischen 7:00 – 8:00 Uhr am Hauptbahnhof in Regensburg, Deutschland an.
Ich habe am Ende geweint. Eine ergreifende Geschichte über die Liebe.
„Ich habe dieses Buch mehr geliebt, als Du wusstest.“ @tomasz.jedrowski