Rebecca Makkai

Wow.
Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich zuletzt ein 600 Seiten langes Buch auf 2 Tage gelesen – ja regelrecht inhaliert habe. Ich konnte es nicht mehr aus der Hand legen.
Auf Instagram herrscht ein regelrechter Hype um dieses Buch und ich war zu Anfang skeptisch, aber ich habe mich gern eines Besseren belehren lassen. Die Optimisten von Rebecca Makkai ist eines der ganz großen Bücher in dieser Jahreshälfte.
Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen. Die Erste im Chicago der 80er Jahre, wo es zu immer mehr Todesfällen durch einen unheilbaren Virus, insbesondere in der Schwulenszene kommt. Der junge Yale Tishman (Spendensammler einer Galerie und kunstaffin) lebt mit seinem Partner Charlie (Herausgeber eines Magazins) zusammen.
Schon bald hat das HI-Virus auch seinen Freundeskreis erreicht. Es gibt keine Behandlung, es gibt kein Heilmittel. Ganz Boystown steckt in der Krise und Yale erfährt von einem erkrankten Freund nach dem anderen. Während einige es nicht wahrhaben wollen, sich in ihrer sexuellen Freiheit nicht einschränken möchten, sind andere voller Hoffnung, dass es nicht mehr lange dauern und ein Heilmittel gegen Aids gefunden werden kann.
„…was mich mitnimmt, ist, dass ich einunddreißig bin und meine Freunde einer nach dem anderen krepieren.„
Yale Tishman
Während Yale einen großen Deal abwickelt – die Schenkung einiger unbekannter Werke der betagten Sammlerin Nora, wird er von Charlie betrogen, der sich auf diesem Weg mit HIV infiziert. Die beiden trennen sich und kurze Zeit darauf, wird auch Yale positiv getestet.
Die zweite Zeitebene spielt im Jahr 2015. Fiona, die Schwester von Nico, einem der bereits verstorbenen Boys aus Yale’s Clique, ist auf dem Weg nach Frankreich. Sie ist in Paris auf der Suche nach ihrer Tochter, die einer Sekte verfallen zu sein scheint. Während ein Detektiv in ihrem Auftrag erste Erfolge bei der Suche verzeichnet, verbringt Fiona viel Zeit mit dem schwulen Fotografen Richard Campo, in dessen Wohnung sie während ihres Aufenthalts eine Bleibe gefunden hat und der ebenfalls mit den Jungs befreundet war. Dies rüttelt so einige Erinnerungen wach.
„Das ist der Unterschied zwischen Optimismus und Naivität. Keiner hier im Raum ist naiv. Naive Menschen haben noch keine echte Prüfung hinter sich, deshalb meinen sie, ihnen könnte nichts passieren. Optimisten wie wir haben schon etwas durchgemacht und stehen trotzdem jeden Tag auf, weil wir glauben, wir könnten verhindern, dass es noch einmal passiert. Oder wir tricksen uns einfach aus, um das zu glauben.„
Cecily Pearce
Die Optimisten hat mich auf so vielen Ebenen angesprochen. Ich war von Anfang an in der Story drin und habe Seite für Seite mitgefiebert und mitgelitten. Ein wahrer Pageturner. Man spürt die Hilflosigkeit und die Angst, aber auch die Hoffnung der Jungs, dass doch noch alles gut werden könnte.
Die im Buch erwähnte Schwulenbewegung und das Engagement der Homosexuellen für ihr Recht auf medizinische Versorgung, hat mich gleich an mehrere Dinge erinnert.
Woran ich dachte war der Film „The Normal Heart“ …ein Film, über den Beginn der HIV Epidemie in New York Anfang der 80er Jahre. Journalist Ned (Mark Ruffalo) kämpft für Aufklärung, gegen Diskriminierung und für die Unterstützung des Bürgermeisters für die Schwulencommunity, da eine unbekannte Krebsart um sich greift.
Und dann musste ich an einen homosexuellen Kollegen von mir denken. Ich habe eine zeitlang mit ihm zusammen gearbeitet. Wir waren nicht direkt Freunde, aber wir verstanden uns sehr gut und hatten immer viel Spaß zusammen in der Arbeit. Dies ist schon lange her. Er ist HIV positiv und es gibt die ein oder andere Parallele zu der Figur des Yale Tishman. Das hat mich stark betroffen.
Ich bin froh, dass er heute über die nötigen Medikamente verfügen und ein normales Leben führen kann. Er lebt sehr glücklich mit seinem Ehemann zusammen.
Ein fabelhaftes Buch. Die 600 Seiten lohnen sich definitiv. Ganz klare Leseempfehlung!