– Unmöglicher Abschied –

Han Kang

Während Schriftstellerin Gyeongha um die passenden Worte für ihr eigenes Testament ringt, erhält sie einen Anruf ihrer Freundin Inseon. Die ehemalige Dokumentarfilmerin hat sich wegen der Pflegebedürftigkeit ihrer Mutter auf ihre Heimatinsel Jeju zurückgezogen und arbeitet nach deren Tod seit langem als Tischlerin.

Im Krankenhaus erfährt Gyeongha was passiert ist — Inseon hat sich bei der Arbeit einige Finger abgeschnitten und kann auf Grund der aufwendigen Behandlung nicht nach Hause. Aus Sorge um ihr Haustier, ein weißer Vogel, bittet Inseon Gyeongha den Weg auf sich zu nehmen und sich um das Tier zu kümmern, denn ohne Hilfe wird es nicht überleben. Nach kurzem Zögern beschließt Gyeongha sich auf den Weg nach Jeju zu machen. Doch dies stellt sich durch einen Schneesturm als äußerst beschwerlich heraus. Geplagt von ihrer Migräne, kämpft sie sich vorwärts und es gelingt ihr den letzten Bus zu erwischen, bevor der Betrieb wegen des verheerenden Wetters stillgelegt wird.

Als sie Inseons Haus erreicht, muss sie feststellen, dass sie zu spät gekommen ist. Der Vogel ist gestorben.

Am nächsten Morgen steht plötzlich Inseon vor ihr und auch der Vogel ist offenbar noch am Leben. Hat sie dies alles nur geträumt oder handelt es sich hierbei um Geister…Gyeongha vermag Traum nicht mehr von Realität zu unterscheiden und lässt sich von Inseon durch ein wichtiges, aber dunkles Kapitel der koreanischen Geschichte führen.

Durch Inseons Familiengeschichte entfaltet sich das ganze Grauen des Jeju-Massakers von 1948. In ihrem Atelier findet Gyeongha Dokumente, Berichte und Artikel über das grausame Ereignis, welches 30.000 Menschen das Leben kostete und viele Jahrzehnte lang von der Regierung totgeschwiegen wurde.

Ein kräftezehrendes Buch voller Symbolik, über unvorstellbare Verbrechen und die Verdrängung. 

Trotz der Schwere des Themas schafft es Han Kang wieder einmal durch ihre leise, sanfte Erzählkunst einen beeindruckenden Roman über Traumata, Schmerz und Erinnerung abzuliefern.

Im Wechsel zwischen Vergangenheit und Heute, zwischen Traum und Wirklichkeit erzählt Kang in geschickten Verflechtungen die Erfahrungen, die inneren Kämpfe, die tief verwurzelte Trauer, Abscheu und den Schock der koreanischen Gesellschaft über das Jeju-Massaker.

Ein dunkles Kapitel welches sich im kollektiven Bewusstsein Südkoreas eingebrannt hat. 30.000 Leben die ausgelöscht wurden, ihre Körper in Massengräbern verscharrt und ihr Schicksal von den Behörden unter Verschluss gehalten.

Ein tiefgründiger Roman, der mich nachhaltig beeinflusst hat. Die Ergebnisse meiner Recherchen zum Jeju-Massaker haben mich sprachlos zurückgelassen. Ich war tagelang nicht in der Lage eine Rezension zu schreiben oder ein neues Buch anzufangen.

Übersetzung: Ki-Hyang Lee, Rezensionsexemplar Aufbau Verlage

Veröffentlicht von booksandtwins

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